Befinden wir uns in einer unschönen Situation, gibt es genau drei Wege, mit ihr umzugehen. Erstens. Sie lieben (lernen). Akzeptanz tut es an dieser Stelle auch: Die positiven Seiten erkennen und anerkennen, dass das nunmal dein Leben ist. Der zweite Weg ist vielleicht etwas schwerer, dafür aber auch wirksamer: Wer eine Situation nicht hinnehmen, also lieben kann, sollte versuchen, sie zu ändern. Oder, und das ist die schwerste Option: Sie zu verlassen. Die sprichwörtlichen oder tatsächlichen Koffer packen und gehen. Den Job wechseln. Neu anfangen. 

Manchmal ist das Leben natürlich so verflixt, dass scheinbar keine der drei Wege gehbar ist. Das Problem: Wer sich für keine der Lösungen entscheidet, landet früher oder später automatisch in der Opferrolle. Wie also gehe ich mit einer solchen Situation um? Und wie befreie ich mich aus der Starre der Opferrolle?

Der erste Schritt ist die Erkenntnis. Um ein Problem lösen zu können, brauchen wir erstmal das Bewusstsein dafür, dass es existiert . Wer erkennt, dass er in einer Spirale des Opferseins gefangen ist, wird vermutlich erstmal erschrecken. Unglauben, Abwehr und Erschütterung können die Folge sein. Verständlicherweise fällt es schwer, anzuerkennen, dass man das Stadium der begründeten Verletztheit längst verlassen – und die Grenze zur Opferrolle überschritten hat. Und genau hier gilt es, ein Bewusstsein für die eigene Position zu erlangen: Wie bin ich in diese Lage geraten, ohne es zu merken? Wie lange stecke ich schon darin fest? Wie äußert sich das in meinem Verhalten? Und was habe ich womöglich davon?

Oft ist es für Betroffene schwer, sich diese Fragen selbst zu beantworten. Schließlich ist das Opferwerden ein schleichender Prozess, der meist unbemerkt passiert und sich durch keine klaren Linien abgrenzen lässt. Freunde, Familie oder eine professionelle dritte Person können hier beratend und helfend unterstützen. Vor allem enge Freunde werden eine Veränderung in unserem Verhalten bemerkt haben, können vielleicht sogar konkrete Vorkommnisse beschreiben und die Situation zeitlich eingliedern. Wichtig ist, für Betroffene und deren Umfeld, anzuerkennen, dass niemand sich bewusst für ein Leben in der Opferrolle entscheidet, es also auch niemandem zum Vorwurf gemacht werden kann. Wer hier feststeckt, tut das aus menschlichen Gründen wie Angst, Gewohnheit oder schlichter Unwissenheit. Diese Gründe benennen zu können kann ein großer Schritt in Richtung Freiheit sein. 

Um ein Problem lösen zu können, brauchen wir erstmal das Bewusstsein dafür, dass es existiert 

Zweitens: Das Verzeihen. Anderen – und sich selbst. Jeder kann in die missliche Lage geraten, nicht weiter zu wissen und sich in der Opferspirale zu verlieren. Wichtig ist, dass man die Vergangenheit hinter sich lassen und Verantwortung für die eigene Zukunft übernehmen will. Hilfe anzunehmen ist sehr wichtig, aber: Nur wir selbst können uns wieder auf die Beine helfen. 

Der dritte Schritt lautet: Bewusstsein schaffen. Wie verfalle ich immer wieder in die Opferrolle? Welche Menschen, Situationen und Gedanken lösen dieses Muster aus? Vor allem das immer wiederkehrende Kopfzerbrechen triggert das Gefühl, Opfer äußerer Umstände zu sein. Wer auf negative Gedankenspiralen achtet, sie erkennt und festmacht, wird ihr Muster leichter unterbrechen und lernen können, über den Dingen zu stehen.

Was immer wir entscheiden zu tun - wichtig ist, dass wir es mit dem Wissen machen, dass wir damit Verantwortung für unsere Lage übernehmen.

Schritt vier. Veränderung. Egal, wie unterschiedlich die Wege in die Opferrolle sein mögen – wir alle haben die gleichen Möglichkeiten, mit unserer Situation umzugehen. Entweder, wir lassen sie unverändert und leiden weiterhin darunter. Oder aber, wir nehmen sie bewusst an, verändern sie gegebenenfalls oder verlassen sie sogar ein für alle Mal. Was immer wir entscheiden zu tun – wichtig ist, dass wir es mit dem Wissen machen, dass wir damit Verantwortung für unsere Lage übernehmen. Denn danach ist niemand anderes mehr schuld und wir sind nicht mehr Opfer äußerer Gegebenheiten. Es ist und bleibt unsere Wahl: Love it, change it – or leave it.